Am 22.02.2021 durfte ich die Bundestagsabgeordnete und gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag zum Thema Corona und Infektionsprävention befragen. Dieses Gespräch fand entsprechend den geltenden Hygienemaßnahmen digital statt.
Uns Julis ist es wichtig, die aktuelle gesellschaftlich relevante Entwicklung und eben nicht nur das Pandemiegeschehens, sondern auch die damit verbundenen Maßnahmen einzuordnen und zu bewerten. Wir kamen darauf zu sprechen, dass die Bundesregierung durch die Bund-Länder Konferenzen den Bundestag erst nachrangig informiert und dass man dadurch Vertrauen innerhalb der Bevölkerung verspielt. Ein weiterer Kritikpunkt sind die starren Inzidenzgrenzen, die nicht nur von Landkreis zu Landkreis stark variieren können, sondern in ihrer Gesamtheit nicht genug Aussagekraft besitzen. Die Antwort der FDP auf die bisherige starre Inzidenzgrenze von 50 (bzw. 35) ist der 7-Stufen-Plan, welcher viel detailliertere Handlungsempfehlungen für das jeweilige Infektionsgeschehen aufführt.
In Bezug auf die Cluster-Ausbrüche äußerte sich die Frau Bundestagsabgeordnete folgendermaßen: „Wenn man Maßnahmen trifft, sollte man immer dabei berücksichtigen, ob es ein Cluster-Ausbruch ist oder ein diffuser Ausbruch. Entsprechend muss man unterschiedlich handeln. Dass wir solange Zeit gerade die vulnerablen Gruppen in den Alten- und Pflegeeinrichtungen, aber auch in Behinderteneinrichtungen solange vernachlässigt haben, ist wirklich ein Skandal. Wir haben das als FDP-Bundestagsfraktion, ich auch schon persönlich im April, gefordert, dass wir in den Alten- und Pflegeheimen, mit regelmäßige Schnelltests und FFP2-Masken, einen besonderen Fokus legen.“ … „mit einem besseren Schutz dieser Gruppen hätten wir mehrere Dinge gleichzeitig erreicht. Vor Alem die Todeszahlen zu senken, denn jeder Todesfahl ist einer zu viel! Wir hatten ja zeitweise über 1000 Tote pro Tag“.
Als nächstes sind wir auf bisher noch nicht/kaum genutzte Hygiene-Maßnahmen zu sprechen gekommen. Hierbei wurden von meiner Seite beispielsweise die Nutzung von UV-Bestrahlung in Räumen und die Gurgel-Desinfektion als Beispiele aufgeführt. Diesbezüglich äußerte sich Frau Aschenberg-Dugnus folgendermaßen: „ Wir sehen darin ein sehr großes Potential. Auch das haben wir in unserem Stufenplan niedergeschrieben, weil wir gesagt haben, wer auf solche innovativen Methoden zusätzlich zurückgreift, kann natürlich auch eher Schulöffnung und an Kitaöffnung betreiben, als die, die das nicht machen. Ganz wichtig sind natürlich HEPA-Filter“. Sie verwies weiterhin auf die Spucktests, mit Hinblick auf deren erfolgreiche Nutzung in den Schulen in Österreich. So soll für die Kinder wieder Alltag und Bildung gewährleistet werden.
Wir sind außerdem auf die Kinderentwicklung und auf die negativen Auswirkungen auf die Psyche der Kinder durch diese Maßnahmen eingegangen. „Wir müssen alles tun, damit im Bereich Kita und Schule eine schnelle Öffnung passiert und das können wir mit solchen Mitteln wie Spucktests, impfen des Erziehungspersonals und mit HEPA-Filtern erreichen“
Nachfolgend sind wir auf das Thema Mutationen eingegangen. Ich fragte, wie Frau Aschenberg-Dugnus die Mutationen einschätzt, gerade mit Hinblick auf die Schulöffnungen und weitere mögliche Lockerungen. Ihre Antwort: „Mutationen muss man ernst nehmen, ganz klar! Das dürfen wir nicht verschleiern und sagen, das interessiert uns nicht, im Gegenteil! Aber mit unserem Stufenplan gehen wir ja direkt von den Daten vor Ort aus. Also wir wollen ja nicht, wenn ein Landkreis eine Inzidenz von über 200 hat und ein diffuses Ausbruchsgeschehen har, auf ein Mal die Schulen öffnen. Wir wollen einheitliche Regeln und variable Faktoren, wie etwa die Berücksichtigung nach diffusen Ausbrüchen oder Clusterausbrüchen und unterscheiden wer infiziert ist. Sind die über 60 oder 70 jährigen infiziert oder eher die jungen?“ … „ wir wollen ja nicht einfach nur öffnen, sondern wir wollen es sehr seriös und am Infektionsgeschehen ausgerichtet mit diesen dynamischen Faktoren entscheiden, was möglich ist … das berücksichtigt natürlich auch die Mutationen! Wenn aufgrund der Mutationen die Infektionsketten wieder ansteigen und diffus sind, müssen wir natürlich auch wieder andere Maßnahmen ergreifen. Das ist keine Einbahnstraße nur in Richtung Öffnung!“
Bezugnehmend auf das Thema Gensequenzierung hatte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP ebenfalls klare Worte: „Das ist ein Skandal! Viele europäische Länder und andere Länder auf der Welt sequenzieren schon seit ewigen Zeiten. Wenn wir das schon früher gemacht hätten, würden wir mehr über die Mutationen wissen. Aber damit nur Angst zu verbreiten, ohne wissenschaftlichen Hintergrund, das geht auch nicht!“
Das Interview endete mit einem Apell, der gleichermaßen für die FDP aber auch für uns Julis eine zentrale Aussage enthält: „wir als FDP-Bundestagsfraktion haben während des gesamten Jahres der Corona-Pandemie nicht immer nur gemeckert, sondern immer im deutschen Bundestag konkrete Vorschläge genannt. Mit Anträgen und mit Gesetzesentwürfen. Wir haben immer vorgelegt und oftmals war es so, dass die Bundesregierung dies, ein halbes Jahr später, in Teilen übernommen hat. Deswegen habe ich im Bundestag immer den Begriff Service-Opposition geprägt. Uns kommt es darauf an, nicht im nachhinein um uns zu schlagen und zu sagen, es ist alles verkehrt gelaufen, sondern wir wollen, dass es uns und der Bevölkerung in der Pandemie besser geht und das tut es uns nicht, wenn wir als einzige Möglichkeit den Lockdown haben.“
Ein sehr wichtiger Apell, der zeigt, dass Oppositionsarbeit eben mehr beinhaltet, als das alleinige Aufführen von Missständen. Wer verändern und verbessern will, der muss auch aktiv darauf hinarbeiten.
Ich möchte mich im Namen der Julis Charlottenburg-Wilmersdorf-Spandau recht herzlich bei Frau Christine Aschenberg-Dugnus für ihre Zeit und ihre Expertise bedanken.
Von Batuhan Temiz